Die heidnische Welt ist gekennzeichnet durch Ordnung und Harmonie (oder Tao). Alles hat einen (und nur einen) Platz und eine Funktion. Der Kosmos funktioniert, weil sich seine einzelnen Teile in ein harmonisches Ganzes fügen und darin sich ihrem Schicksal ergeben. Böses entsteht, wenn ein Einzelner sich nicht fügt und gegen seinen Platz aufbegehrt: Sauron will Herr über Arda, Miltons und Dantes Satan will nicht "zweiter im Himmel" sein. Der Raum für Heldentum befindet im Kampf um die Wiederherstellung der ursprünglichen Ordnung: Dass das Zeitalter der Elben trotz Aragorns Sieg unwiederbringlich vorbei ist, ist einer der Gründe für die große Melancholie, die "Herr der Ringe" durchzieht.
Der wesentliche Punkt am Christentum ist die Durchkreuzung der kosmischen Ordnung und die provozierende Parteinahme für den Einzelnen. Der ist es, auf den sich die Goldenen Regel und damit das ethische Hauptgebot der Evangelien bezieht: Laut Markus, Lukas und Co sollen wir uns um den langweiligen, menschlichen Nächsten sorgen, nicht um die Harmonie der Sphären.
Dank der Gnade Gottes kann jeder zu Gott aufsteigen, unabhängig von gesellschaftlicher Stellung, Geschlecht oder Rasse. Für Paulus gibt es jedoch keine göttliche Ordnung, die Welt ist wie sie ist, ohne Geheimnis, ohne dahinter stehenden tieferen Sinn, es gibt nur das Leiden, die Nächstenliebe und die Gnade. Darin ähnelt das Christentum dem Buddhismus, der sich in ähnlich radikaler Weise über das hinduistische Kastensystem hinweg gesetzt hat.
Beides, das Fehlen eines geheimnisvollen Plans hinter der Welt der Erscheinungen (der durch etwa die Magie der Eingeweihten oder die Kabbala gelüftet werden könnte) und das Angewiesen Sein auf den singulären Akt des göttlichen Gnade Waltens ist für uns Zeitgenossen schwer schluckbar.
Unsere gesellschaftliche, westliche Struktur mit ihrem sinnlosen Reißzahn-Kapitalismus braucht die Vorstellung einer gerechten Anders-Welt. Gleichzeitig kränkt uns die Idee eines großen Anderen, der uns heilig machen kann.
Die ursprüngliche Botschaft der Evangelien und der paulinischen Briefe ist das störende Sandkorn, um das sich die polsternde, schön anzuschauende Perle des Heidentums bildet. Schon die "Göttliche Komödie" und die Artus-Sage schrieben pagane Vorstellungen wieder in den christlichen Korpus hinein. Achsenpunkt zwischen beidem ist William Blake, der meinte, Satan sei der eigentliche Held des paganisierten Christentums à la Paradise Lost.
Unsere gesellschaftliche, westliche Struktur mit ihrem sinnlosen Reißzahn-Kapitalismus braucht die Vorstellung einer gerechten Anders-Welt. Gleichzeitig kränkt uns die Idee eines großen Anderen, der uns heilig machen kann.
Die ursprüngliche Botschaft der Evangelien und der paulinischen Briefe ist das störende Sandkorn, um das sich die polsternde, schön anzuschauende Perle des Heidentums bildet. Schon die "Göttliche Komödie" und die Artus-Sage schrieben pagane Vorstellungen wieder in den christlichen Korpus hinein. Achsenpunkt zwischen beidem ist William Blake, der meinte, Satan sei der eigentliche Held des paganisierten Christentums à la Paradise Lost.
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