Monday, November 8, 2010

Vom Regen in Italien

Woher kommt eigentlich das Sprichwort „Einem Polen schadet der Regen nichts"? Wenn polnische Kinder meckern, dass die Autofahrt zu lang, der Kakao zu kalt oder der Pulli zu kratzig ist, bekommen sie von ihren Müttern (seltener von ihren Vätern) gelegentlich obigen Satz zu hören.

Er stammt aus einem Gespräch zwischen den beiden alliierten Befehlshabern Bernard Freyberg und Wladyslaw Anders bei der Schlacht von Monte Cassino. Freyberg konnte kein Französisch (geschweige denn Polnisch) und Anders (zu dem Zeitpunkt noch) kein Englisch. Sie konnten aber beide Deutsch: Freyberg hatte es von seinem Vater und Anders von seiner Mutter gelernt. So kam es zu der absurden Situation, das bei einer der entscheidenen Schlachten im Zweiten Weltkrieg zwei alliierte Generäle sich auf deutsch verständigten.

Laut der Legende soll es stark geregnet haben. Freyberg stand unter einer Überdachung, Anders ein wenig davor. Anders stand im Regen, hatte aber dafür einen besseren Überblick auf das Kampfgeschehen. Freyberg soll ihn schließlich (auf deutsch) gefragt haben, ob er sich nicht lieber unterstellen wollte, die Sicht sei vom Unterstand immer noch recht passabel, woraufhin Anders antwortete:

„Einem Polen schadet der Regen nichts."
Womit er ausdrücken wollte, dass den Polen (wie er einer war) schon so viel Schlimmes widerfuhr, dass der Regen sein geringstes Problem sei.

Dieses Sprichwort war unmittelbar nach dem Krieg sehr populär, geriet jedoch in Vergessenheit, als Anders im Sozialistischen Polen zur persona non grata erklärt wurde. Über die Vermittlung der polnischen Exilanten in England blieb es trotzdem im Bewusstsein (Ryszard Kaczorowski - der selbst an der Schlacht von Monte Cassino als gemeiner Feldsoldat teilnahm und der gerade geschilderte Anekdote überlieferte; siehe zum Beispiel http://www.prezydent.pl/nasz-kraj/historia-prezydentury/prezydenci-na-uchodzstwie/- erwähnte sie gerne) und erlebt zurzeit unter polnischen Intellektuellen eine kleine Renaissance.

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